Relevanz für Statistik in der juristischen Praxis
Vom BGH anerkannt: Wie Sie die Beweiswürdigung objektivieren
Die entscheidenden Fragen (prominenter Fälle): Hat der Beschuldigte einen Verkehrsunfall selbst herbeigeführt, um daraus Profit zu schlagen? Ist der Beschuldigte der Mörder seiner Ex-Frau (O.J. Simpson)? Hat der Beschuldigte seine ehemalige Geliebte vergewaltigt (Wettermoderator Kachelmann)? Lässt der Besitz legaler Nacktbilder von Kindern den Schluss zu, dass der Beschuldigte auch im Besitz illegalen kinderpornografischen Materials ist (ehem. Bundestagsabgeordneter Edathy)?
Das Bayes´sche Theorem ermöglicht einen logischen Schluss, der im Rahmen von Gerichtsverfahren häufig eine Rolle spielt: Es muss von einer beobachteten Wirkung auf eine nicht beobachtete Ursache geschlossen werden.
Das einfachste Beispiel zur Erläuterung der Bayes´schen Denkweise ist der Test auf eine Krankheit – aus empirischen Studien lässt sich ermitteln, mit welcher Wahrscheinlichkeit der Test die festzustellende Krankheit korrekt erkannt hat. Wenn man also weiß, dass man krank ist, lässt sich die Wahrscheinlichkeit für ein positives Testergebnis ermitteln. Was aber eigentlich von Interesse ist: Mit welcher Wahrscheinlichkeit bin ich denn nun krank, wenn das Testergebnis positiv ist?
Dies ist die Umkehrung und lässt sich mithilfe des Bayes´schen Theorems ermitteln. Rechtlich relevant wird dies bspw. beim Alkoholtest: Mit welcher Wahrscheinlichkeit war ein Fahrer tatsächlich betrunken, wenn das Testergebnis positiv ausfiel? Denn auch wenn hohe Wahrscheinlichkeiten suggerieren, dass derartige Tests sehr sicher seien, könnte auch ein falsch-positives Testergebnis die Ursache sein. Im Rahmen von Vaterschaftstests wird mittels Essen-Möller-Verfahren ermittelt, wie hoch die Wahrscheinlichkeit für das Merkmal „Vaterschaft“ ist. Methodisch lässt sich dieses Verfahren auf den Satz von Bayes zurückführen.
Die viel interessantere Frage lautet nun: Lässt sich eine derartige Wahrscheinlichkeit auch für andere Merkmale errechnen, wie z. B. die eingangs erwähnten: Hat der Beschuldigte einen Verkehrsunfall selbst herbeigeführt, um daraus Profit zu schlagen? Ist der Beschuldigte der Mörder seiner Ex-Frau (O.J. Simpson)? Hat der Beschuldigte seine ehemalige Geliebte vergewaltigt (Wettermoderator Kachelmann)? Lässt der Besitz legaler Nacktbilder von Kindern den Schluss zu, dass der Beschuldigte auch im Besitz illegalen kinderpornografischen Materials ist (ehem. Bundestagsabgeordneter Edathy)?
Auf all diese Beispiele wurden in der Vergangenheit Bayes´sche Analysen angewandt – von der deutschen Rechtsprechung selbst, von der Presse oder von der Forschungsstelle „Statistik vor Gericht“ am Fachbereich Wirtschaftswissenschaft der Universität Bremen. Vielleicht sind Sie überrascht, aber: Ja, all dies ließ sich berechnen und im Ergebnis mittels einer Zahl für die Wahrscheinlichkeit, dass eine Hypothese zutrifft, ausdrücken. Es zählt nicht mehr lediglich die „Lebenserfahrung“ des Richters, sondern die Beweiskraft einzelner Indizien wird mathematisch korrekt verarbeitet.
Hexenwerk? Scharlatanerie? Keineswegs. Statistische Methodik. Objektivierung der freien Beweiswürdigung. Transparenz. Nachvollziehbarkeit. Vom BGH anerkannt.
Mit Bayes´schen Analysen lassen sich Beweismittel oder Indizien verarbeiten, die für oder gegen eine Hypothese sprechen können. Im Alkoholtestbeispiel oben ist das positive Testergebnis ein Indiz. Ein weiteres Indiz könnten Schlangenlinienfahrten sein. Im Falle eines Mordes oder einer Vergewaltigung zählen Indizien wie DNA, Zeugenaussagen vor Gericht oder Aussagen des Beschuldigten … All diese Informationen lassen sich rechnerisch verarbeiten und zu einem Gesamtergebnis zusammenführen, das ausdrückt, mit welcher Wahrscheinlichkeit die untersuchte Hypothese zutreffend ist. Mittels weiterer Analysen lassen sich kritische Indizien ermitteln, die eine genauere Betrachtung verdienen – ist bspw. ein DNA-Gutachten sehr bedeutsam für die Gesamtwahrscheinlichkeit, aber waren die Spuren nicht ganz eindeutig, kann man ggf. weitere Anstrengungen unternehmen, um das DNA-Gutachten besser abzusichern.
Wir erläutern Ihnen gerne im Rahmen eines Seminars die Verfahren der Bayes´schen Analysen oder fertigen auf Nachfrage eine solche für Sie an. Seien Sie der Gegenseite einen Schritt voraus. Nutzen Sie im Sinne Ihres Mandanten quantitative Methoden, um die Prozessbeteiligten zu überzeugen. Schaffen Sie Fakten. Wir schaffen für Sie gerne den Mehrwert.
Warum Sie grundsätzlich jeder Studie kritisch gegenüberstehen sollten
Der Fall: Sie werden im Rahmen eines Mandats mit einer Studie oder einem gerichtlichen Gutachten konfrontiert, die/das statistische Parameter enthält. Sie sind sich unsicher, ob die Ergebnisse korrekt ermittelt und/oder interpretiert worden sind. Denn schließlich haben Sie den berühmten Ausspruch im Hinterkopf “Traue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast.”
Dass es über den Aussagegehalt bzw. die Interpretation wissenschaftlicher Studienergebnisse oftmals verschiedene Meinungen geben kann, zeigt sich auch immer wieder in den Medien. Zuletzt war dies bei der Diskussion über Feinstaub-Grenzwerte der Fall.
Nach Studien der WHO und der EU sowie des Umweltbundesamtes sterben jährlich bis zu 80.000 Menschen durch Feinstaub- und Stickstoffbelastung. Daraufhin formierte sich eine Gruppe deutscher Lungenärzte um den ehemaligen Präsidenten der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie Prof. Dr. Köhler, die diese Ergebnisse bzw. deren Interpretation anzweifeln: „Es ist sehr wahrscheinlich, dass die wissenschaftlichen Daten, die zu diesen scheinbar hohen Todeszahlen führen, einen systematischen Fehler enthalten. […] Andere Interpretationen der Daten sind aber möglich, wenn nicht viel wahrscheinlicher“, heißt es in dem Positionspapier. Darin werden insgesamt 4 Kritikpunkte der Studien ausgeführt, von denen einer lautet, dass die Studie die Feinstaub- und Stickstoffbelastung in unterschiedlichen Regionen miteinander verglich und zu dem Ergebnis kam, dass „mehr oder weniger regelhaft eine sehr geringe Risikoerhöhung in staubbelasteten Gebieten [festgestellt wurde], meistens nur um einige Prozent“. Weiter heißt es, dass man aus dieser Korrelation (Zusammenhang) keine Kausalität schließen könne. Ihm pflichtet u.a. Katharina Schüller (Geschäftsführerin STAT-UP) in der „Unstatistik des Monats“ des RWI bei: Die Studien „zeigen, dass (manche, nicht alle) Gruppen mit hoher Feinstaub-Exposition im Durchschnitt kürzer gelebt haben als (manche, nicht alle) Gruppen mit niedriger Exposition. Selbst wenn diese Gruppen in allen anderen Merkmalen identisch wären, so wie Zwillinge, gibt es immer noch verschiedene Möglichkeiten, wie der Unterschied zustande kommen kann“. Nämlich, so Prof. Köhler, durch Rauchen, Alkoholkonsum, körperliche Bewegung, medizinische Betreuung etc. – jeder dieser Faktoren wirke meist hundertfach stärker, als der Risikoerhöhung durch Luftverschmutzung in den Studien zuzuordnen ist.
Vereinfacht gesagt:
Man hat beobachtet, dass in Regionen mit erhöhter Feinstaubbelastung (meist Stadtgebiete an viel befahrenen Straßen oder mit allg. höherem Verkehrsaufkommen, was tendenziell zu einer geringeren Miete führt) Menschen im Schnitt kürzer leben, ohne vorher herausgerechnet zu haben, dass die Bewohner solcher Regionen evtl. auch andere Gewohnheiten haben als diejenigen, die in ruhigeren Gegenden der Stadt wohnen – nicht dass dies ein Fakt sei, aber möglich ist es und deshalb kann man es nicht außer Acht lassen. Walter Krämer, Professor an der Statistischen Fakultät der Universität Dortmund, sagte in diesem Kontext, dass es eine äußerst schwierige Kunst sei, alle anderen Effekte außer den des Feinstaubs herauszurechnen. Daher würden oft Scheineffekte entdeckt, die gar nicht existieren. Trotz der verständlichen Kritik von Prof. Köhler, die offensichtlich von anderen Experten unterstützt wird, wurde er schwer dafür kritisiert, in einem Rechenbeispiel seines Positionspapieres einen Fehler begangen zu haben (veraltete Daten über Teergehalt in Zigaretten). Worin dieses Rechenbeispiel genau bestand, ist unerheblich – mal davon abgesehen, dass sich durch den „Rechenfehler“ die inhaltliche Aussage kaum ändert. Entscheidend ist, dass Prof. Köhler vor diesem „Rechenfehler“, der von der Presse nur allzu gerne aufgegriffen wurde, 3 schwerwiegende Kritikpunkte an den Feinstaub-Studien darlegte, die mit dem Rechenbeispiel in keinerlei Beziehung stehen.
Was hat dieses Beispiel nun mit der juristischen Praxis zu tun?
Selbst scheinbar renommierte Studien, die von Umweltbehörden in Auftrag gegeben werden und an deren Ende eine klar formulierte Zahl steht, sind nicht der Weisheit letzter Schluss. Daten können auf viele Arten entstehen und auf noch mehr Weisen interpretiert werden. Dies gilt ebenso für Sachverständigengutachten.
Grundsätzlich sollte man also jeder Studie kritisch gegenüberstehen – vor allem dann, wenn das Ergebnis überrascht oder mit großen Konsequenzen einhergeht.
Die Erhebung und Analyse von Daten ist äußerst komplex – über die dahinterstehenden Theorien müssen Sie sich als Jurist keine Gedanken machen. Worüber Sie allerdings bestens Bescheid wissen sollten, ist, wie Ergebnisse zu interpretieren sind. Sollten Sie in Ihrem beruflichen Alltag hin und wieder oder gar häufig mit Studien oder Gutachten vor Gericht zu tun haben, ist es höchste Zeit zu wissen, wie man diese immer hinterfragen kann und sollte.
Wir geben Ihnen im Rahmen einer Beratung gerne konkrete Fragen an die Hand, die Sie Erstellern von Studien oder Gutachten mit statistischen Ergebnissen immer stellen sollten.
Nachdem Sie sich darauf eingelassen haben, sich inhaltlich kritisch mit statistischen Methoden und deren Ergebnissen zu beschäftigen, werden Sie feststellen, dass oftmals nicht tiefergehende statistische Kenntnisse erforderlich sind, um Studien oder Gutachten zu verstehen und anfechten zu können, sondern der gesunde Menschenverstand. Um künftig Ihre argumentatorischen Waffen nicht mehr strecken zu müssen, sobald es um statistisch ermittelte Daten geht, sollten Sie uns kontaktieren.Wie Sie einen monetären Erwartungswert als Entscheidungsgrundlage erlangen
Der Fall: Sie sind Betreiber einer Lagerhalle, die bei einem Brandschaden erheblich beschädigt wird. Ihre Versicherung zahlt den Schaden, doch Sie müssen den Selbstbehalt tragen. Dabei sind Sie und die Versicherung sich sicher, dass die vor dem Brand stattgefundenen Handwerkerarbeiten an der Lagerhalle zu dem Brand geführt haben. Da das Handwerkerunternehmen einen Rechtsstreit vermeiden will, bietet es Ihnen eine Vergleichssumme an, die Ihnen allerdings zu gering erscheint. Sie würden gerne kalkulieren, welcher Betrag realistisch betrachtet in einem Gerichtsverfahren zu erzielen wäre. (in Anlehnung an: BGH, Urteil vom 01.10.2013 – VI ZR 409/12)
Bei der Einschätzung der Erfolgsaussichten vor Einleitung eines Gerichtsverfahrens verlassen sich viele Juristen auf ihr „Bauchgefühl“ oder besser: ihr subjektives Empfinden. Auch die Annahme oder Ablehnung eines Vergleichsangebots folgt häufig eher anderen Motiven als einer vollzogenen Kalkulation. Unternehmensjuristen, die die Höhe von Risikorückstellungen festzulegen haben, müssen sich ggf. dem Wirtschaftsprüfer gegenüber äußern, ob die Höhe der Rückstellung angemessen ist.
In all diesen Fällen ist es nicht länger notwendig, auf objektiv ermittelte Fakten zu verzichten. Die Lösung lautet: Prozessrisikoanalyse. Alles, was Sie dafür benötigen, ist die Herausarbeitung der entscheidenden rechtlichen Kernprobleme – was ohnehin obligatorisch für Ihre Fallbearbeitung ist.
Die Prozessrisikoanalyse bedient sich anschließend einfacher mathematischer Verfahren, die nicht über die Grundrechenarten hinausreichen: Unter Zuhilfenahme von Entscheidungsbäumen wird Ihr zu beurteilender Fall strukturiert, visualisiert und berechnet. Am Ende der Prozessrisikoanalyse steht ein monetärer Erwartungswert, der Sie besser einschätzen lässt, ob sich ein Verfahren lohnt oder ein Vergleichsangebot bzw. angesetzte Risikorückstellungen für eventuelle Verfahren der Höhe nach angemessen sind.
Diese analytische Herangehensweise an Ihre Fallbearbeitung wird dazu führen, dass Sie finanzielle Vorteile erwirtschaften: Höhere Erfolgschanchen, Vergleichssummen oder Prüfungssicherheit.
Schaffen Sie mit der Prozessrisikoanalyse bessere Entscheidungsgrundlagen. Sie werden überrascht von der Einfachheit und Finesse dieser Methode sein.